Woran glaubst Du

Stilecht, deutsch. Sonnabend 16.00h in der Wanne. Auto­waschen entfällt aber, ist nicht mein Ding.

Mir kommt die ARD - Themen­woche in den Sinn - Woran glaubst Du? Die Antworten da­zu sind heute viel­fältig. Sie sind meist ge­sell­schaft­li­cher, humanis­tischer Art mit dem Wunsch nach Frieden und Glück für alle. Oft werden gar keine religiösen In­sti­tu­tio­nen genannt.

Vor ein paar hundert Jahren war die Sa­che ganz anders. Es wurde das geglaubt, was der Lan­des­fürst befahl, fertig. Mir geht es bei Über­le­gun­gen dazu eigentlich um die Wur­zel eines Glaubens­baumes, nicht um die momen­tane Größe der Krone. Wie kam es zur Glaubens­bildung? Wer hat den Samen gelegt und unter welchen Rand­bedingungen ist er auf­gegangen.

Die Natur­religionen mit ihren aus­ster­ben­den Riten werden oft be­lächelt. Da­bei sind sie vor Zehn­tausenden von Jah­ren im täglichen Lebens­kampf ent­stan­den. Da­mals zur Deutung un­er­klär­li­cher Phä­no­mene, als Mög­lichkeit hö­he­re Mäch­te irgendwie beschwichtigen zu kön­nen, quasi als eine Über­le­bens­stra­te­gie. Was gibt es da zu la­chen. Praktischer­weise wurden gleich ganze Heer­scharen von gött­lichen Experten eingesetzt und verehrt, mehr ist besser und Arbeits­teilung ist nicht unlogisch.

Seit der verhältnis­mäßig jüngeren Idee des Mono­theismus gelten andere Regeln. Einer schafft alles. Er ist all­mächtig genug all die Auf­gaben allein zu bewältigen, hat man entschieden. Ein radikaler Schnitt und auch heute noch nicht ganz vollz­ogen. Es wird doch noch immer vor Götzen und falschen Heils­bringern gewarnt. Als Parade-Beispiele haben sich zwei der großen Strömungen, Christentum und Islam besonders etablieren können. Die Ideen des Herrn Jesu aus Nazareth zum Beispiel, seine huma­nitäre Aus­richtung, die Forderung nach Mensch­lichkeit mit glei­chen Rechten für alle etc., waren in der martia­lischen Zeit des alten Rom re­vo­lu­tio­när. Entsprechend ruppig die Re­ak­tion der Obrigkeit mit Verrat, Denun­zierung, Hin­richtung. So wurde ein Märtyrer geboren. Ein für seine Zeit weit voraus denkender, wichtiger Mensch hat früh die Macht der Mäch­tigen gespürt und das ist stets das Motto. Macht.

Seine Gefolg­schaft, die Jünger und Propheten haben das Motto und die Bot­schaft weiter­verbreitet, propa­giert. Schrift­li­che Über­lieferungen von ihm zu­zu­rech­nen­den Taten, Wundern und The­sen wurden Jahr­zehnte nach seinem Tod verfasst und in Form von Fabeln, Gleich­nissen und Psalmen für uns hin­ter­las­sen. Ist das nun ein göttlicher Auftrag gewesen oder eine sehr mensch­liche Art, sich einem Gedanken­gut, einer Denk­richtung an­zu­schlie­ßen und diese möglichst für die Nach­welt festzuhalten? Das Mani­festieren einer Ideologie ist der Masse der An­hänger möglich. Dies jedenfalls eher, als selbst kreativ etwas Neues zu schaffen. Mit­läufer braucht es eben immer. So finden gute Ideen auch heute noch schnell Ver­breitung. Aber auch Fake News.

Faktisch ist eine religiöse Lehr­meinung durch die reine numerische Ver­breitung, die nackte Anzahl der An­hänger bestimmt. Und das gilt für die genannten Großen Religionen und noch ein paar weitere. Die Masse machts. Was viele denken und glauben kann ja nicht ganz falsch sein. Etwas Gruppen­zwang, man sagt ge­schicht­li­che Identität dazu, ist sicher dabei.

Am nächsten Sonntag wird unser Enkel getauft. Ich werde das nicht kom­mentieren, wir sind alle frei in den Ent­scheidungen. Bis auf den Täufling. Für tausend andere Dinge in unserer Gesell­schaft muss zuvor eine Geschäfts­fähigkeit vor­liegen. Die iden­ti­täts­stif­ten­de Zuge­hörigkeit zu einer Glau­bens­ge­mein­schaft wird jedoch min­der­jäh­rig fremd­bestimmt. Könnte nicht eine bewusste Ent­scheidung später als voll­jäh­ri­ger Mensch, eine viel tiefere Ver­wurzelung bedeuten? Mein Fazit dazu. Denk­modelle, nicht wissen­schaftliche Erkennt­nisse oder Tat­sa­chen (die sind meist unum­stößlich), son­dern Strömungen, neue Ge­sell­schafts­mo­del­le, Lebens­phi­lo­so­phien müssen sich nur ent­sprechend verbreiten, dann werden sie zu Iden­titäten erhoben. Siehe die diversen Prediger und Sekten­führer, vor allem in der dies­be­züg­lich sehr zerrissenen USA.

Wehe uns, es findet sich eine / ein charis­matische/r Leitfigur im Internet, den sozialen Medien, die / der es versteht die Massen zu bewegen - in Glaubens­fragen na­tür­lich. In Sachen Lifestyle, Unter­haltung, Konsum etc. funktioniert das schon prächtig. Ruck­zuck wären Millionen Follower und Likes da, um einen neuen Trend zu verankern, warum nicht auch eine neue Religion? Die Mehrheit bestimmt und hat Recht.