Fauna & Flora - Seite 2

VON DER MÜCKE

Am Fenster sitzt die Mücke,
ich bin am überlegen,
soll ich sie zerdrücken
oder ihr vergeben?

Sie hat den Tod verdient,
der vielen Stiche Lohn,
nun sitzt sie da und grient,
na wart, ich komme schon.

Das glaube ich jetzt nicht
und schreit nach neuem Kummer,
drüben hockt im Sonnenlicht,
ein dicker, schwarzer Brummer.

Abrupt vergesse ich die Mücke,
der Brummer ist in Not,
was des einen Glücke,
ist des andern Tod.

VORFRÜHLING

Winter ade,
vorbei Eis und Schnee.
Sonne wärmt wieder
Gemüter und Glieder.
Gezwitscher klingt froh,
erstes Rascheln im Stroh.
Neues Leben erwacht,
frisch und grün über Nacht.
Wir jubilieren verfrüht,
ahnen nicht was uns blüht.

WIE GESPONNEN - SO ZERRONNEN

Die Spinne baut geschickt ihr Nest,
wenn man sie es bauen läßt.
So ist in einer Menschenkammer
das Spinnenleben gar ein Jammer.
Hat sie grad ein Netz gelegt,
wird bald drauf es weggefegt.
Darum gilt in diesem Sinne,
das Dasein einer Wohnraumspinne
nicht gerade als famos,
da doch meistens obdachlos.
So zieht sie lieber in den Wald,
spinnt dort ihr Ding alsbald,
ohne das der Mensch empört,
diese Kunstwerk gleich zerstört -
und am Morgen glitzert Tau
in ihrem Netze silbergrau …

BEGEGNUNG AM SEE

Es lauert Meister Fuchs auf Beute,
ihm ist nach Geflügel heute
und unten am Gestade
baden junge Schwäne grade.

Doch Mutter Schwan schwant hier nichts Gutes,
sie sieht den Fuchs und denkt: der tut es.
Drum nichts wie raus auf’s Binnenmeer
- das fuchst den Fuchs am Ufer sehr.

VORAUSGEPRESCHT

In weiß gehüllt, im Frost erstarrt,
die eigne Scholle nun verharrt.
Die Äste kahl von Busch und Baum,
der Winter hält das Grün im Zaum.
Im Schneckenhaus steckt die Natur,
wartet auf den Frühling nur.
Vorausgeprescht mit dem Entschluss
blüht beherzt die Zaubernuss.

WIRKLICH STUR

Es pfeift der Regenpfeifer
sein Regenpfeiferlied,
er tut's mit grossem Eifer,
wird dabei gar nicht müd.

Setzt sich dann die Sonne durch,
das Wetter schön und heiter,
ist ihm das völlig schnurz
und er pfeift einfach weiter.

TROCKENZEIT

Warten auf Gewitter,
Luft schmeckt bereits bitter,
Flimmern über Dächern,
Hochbetrieb bei Fächern.
Hitze schmilzt den Teer,
viele Brunnen leer.
Staub fliegt hinterm Pflug,
Ernte wird Betrug.
Wälder knisternd flehen,
Feuer soll vergehen.
Tiere hechelnd fluchen,
Schattenplätze suchen.

Donnerhall am Horizont,
Warten hat sich doch gelohnt.
Herzen voller Hoffnung klopfen,
Staubig platzen erste Tropfen.

ALLE JAHRE WIEDER

Die Sonne bereits herbstlich schaut,
ihre Wärme geht noch in die Haut.
Von Norden doch, der Wind bringt Kühle,
vorbei die Sommer­sonnen­schwüle.

Bunte Kleckse zeigt der Wald,
es lichtet sich das Blattwerk bald
und Früchte rieseln nun zuhauf,
der Clevere füllt sein Lager auf.

Nach üppig Füllhorn der Natur,
steht karge Winterzeit bevor,
wer diese Hürde meistern kann,
der fängt im März von vorne an.

EINZELKÄMPFER

Die Weide drunt' im Wiesengrund,
sie trauert wohl noch immer,
doch so langsam, Stund um Stund,
zeigt sich ein grüner Schimmer.

Der Lenz beweist all seine Macht
und tot geglaubtes Holz erwacht.

Verschwunden nun das kahle Haupt,
frisches Grün schliesst jede Lücke,
so rasch hat keiner das geglaubt
und fertig ist die Blatt-Perücke.

Gewonnen ist jetzt diese Schlacht,
im Wiesengrund strahlt deine Pracht.

UNGLÜCKSRABE

Du bist gesellig und recht klug,
schaust den Bauern hintern Pflug,
um gewandt auf schwarzen Schwingen
deine Ernte einzubringen.

Du folgst den Menschenhänden,
bis in Mythen und Legenden
und wer's gern abergläubisch mag,
hat einen rabenschwarzen Tag.

AUF DEM HÜHNERHOF

Es pickt und scharrt das Federvieh,
pudert sich im Staube,
sinniert und gackert in der Früh,
blickt recht naiv, ich glaube.

Der rote Kamm, mal links mal rechts,
wippt lustig gar als Krone,
doch kräht der Chef dann allerdings,
herrscht Achtung in dieser Zone.

Wachsam auf dem Berge Mist,
er überm Harem thront,
denn das Idyll zerstörend ist,
wenn der Habicht kommt.

AUFBRUCHSTIMMUNG 2

Noch liegt still die Krume,
bündelt ihre Kraft.
Noch schlummert eine Blume
in ihrer Zwiebel Saft.
Kaum taut das letzte Eis,
Licht und Wärme fluten,
da beginnt wie zum Geheiß,
das Leben sich zu sputen.
Der Wettlauf stets auf's Neu,
wer hat die Nase vorn,
was ist Weizen, was ist Spreu,
wen nimmt das Pech auf's Korn.
Der Mutige schreckt nicht zurück,
versäumt nicht seinen Start
und rettet so mit etwas Glück,
seine eigene Art.

FRÜHLINGSFORMATION

Lang und tief die Winterzeit.
An endlos dunklen Tagen,
stellt Dasein düstre Fragen.

Was steht für uns bereit.
Die Zukunft liegt im Nebel,
im Herzen noch ein Knebel.

Es zieht herauf die Helligkeit.
Langsam lösen sich die Fesseln,
taub sind schon alle Nesseln.

Im Sonnenlicht liegt Seligkeit.
Vollendet nun das Frühlingsglück,
die Kraniche kehren zurück.

GLÜCK GEHABT

Komm du kleine Schnecke,
heraus aus dem Verstecke,
ob mit, ob ohne Haus,
komm da endlich raus.
Auch wenn dir das nicht schmeckt,
ich hab dich längst entdeckt.
Wo du gerade bist auf Tour
verrät mir deine Silberspur,
bist schnell noch weggezischt,
sonst hätt‘ ich dich erwischt.

DER FINGERZEIG

'Ach du meine Güte,
der Garten voller Fingerhüte!'
Die Frage ist, vielleicht zu spät,
wer hat euch hier bloß ausgesät?
Wild verstreut, nicht in der Reih',
hier sind's fünf, da stehn nur zwei,
bunte Ruten, blütenschwer,
wiegen sich im Takt umher,
zeigen mahnend auf dich zu,
so wie der Finger: du, du, du!
Sei beruhigt, aus meiner Sicht,
ein Stinkefinger ist es nicht!

BÄRENHUNGER

Meister ‚Petz‘ streift durch den Wald,
bei ihm bleibt heut die Küche kalt.
Ob Brom-, ob Him-, ob Heidelbeeren,
die will er vorrangig verzehren.
Es reizt kann Fleisch und auch kein Fisch,
auch kommt kein Honig auf den Tisch.
Es ist nun einmal Obsttag heute
entsprechend klein ist da die Beute
und die Büsche sind bald kahl,
da wird das Sattwerden zur Qual.
Denn wir vergessen glatt,
das er ja ‚Bärenhunger‘ hat.

WETTER-APP

Grad noch Sonnenschein,
die Augen mussten blinzeln,
nur eine Wolke ganz allein -
der Hund beginnt zu winseln.
Böses Schwarz ergreift Besitz
vom blauen Mittagsäther,
nun erscheint der erste Blitz -
Wind und Donner später.
Hagelkörner trommeln nieder
auf die Glut der Erde,
bringen kühle Frische wieder -
auf das es Winter werde.
Es zittert selbst das Espenlaub
und Eissalat hat Löcher,
gar manche Nessel fühlt sich taub -
hat keinen Pfeil im Köcher.
Da reißt ein Loch ins Dunkel
und strahlt ein Silberstreif,
zurück ist sonniges Gefunkel -
so geht die Wetter-App in live.

SUMMERTIME

Feucht und tropisch schwül,
30 Grad im Schatten,
Hawaii-Hemden-Gefühl,
das wir lang nicht hatten.
Schweiß fließt wie in Strömen,
sucht sich seinen Weg,
malt am Hemd den schönen
Salzrand als Beleg.
Stechmücken ganz emsig
fliegen der Nase nach,
landen treu, anhänglich,
bei uns im Schlafgemach.
Bei Tag kann man bekunden,
zur Tea-time, so um vier,
die Erdbeertörtchen munden,
auch manchem Wespentier.
Derweil sich Bauer redlich müht,
doch hinterm Pflug es staubt,
alles ist ganz rasch verglüht,
der reichen Ernte er beraubt.
Da brennt es auf der Nase,
im Wald gar lichterloh,
der Teer schmilzt auf der Straße.
Endlich Sommer, bin ICH froh.

SICHELMONDNACHT

Ein Schleier dämpft das Licht.
In pechschwarzer Nacht allein
herrscht dein diffuser Schein
und ein klammes Herz zerbricht.
Das ist gegen deinen Plan.
Auch in solch düstren Nächten
schaust du nach dem Rechten,
leider mit etwas Schlendrian.
Bitte verzeih meine Krittelei,
du bist nicht VOLL dabei.

SPIEGELWELT

Silbern, glatt die Wasserhaut,
bis hin zum Ufersaume schaut
das Auge in ein Spiegelbild.
Das ‚Jetzt‘ ist auf den Kopf gestellt.
Und ist hier oben, ist dort unten,
was nicht da ist, bleibt verschwunden
und doch, der Blick sucht her und hin,
nach Fehlern, die im Suchbild sind.
Original und Fälschung völlig gleich,
das hört sich an nach Märchenreich.
Hier ganz real, Busch, Baum und Haus,
selbst Wolken sehen identisch aus.
Man ist verwirrt, sucht nach dem Trick,
zu lösen dieses Mißgeschick.
Nimm einen Stein, wirf ihn hinaus,
dann ist das Rätselspiel gleich aus.
Doch wirfst du zu weit, bis ins Gestade,
dann bleibt das Rätsel Rätsel - schade!