Liebreiz

Quasi vor der Zeit, freitags hat es mich geflutet. Meine Gedanken: Dünnes Eis, sehr dünnes Eis. Was ist eigent­lich so verwerflich daran, wenn sich eine Frau in Haut und Haar verhüllt und ihren Lieb­reiz nur in hei­mi­scher Um­gebung preisgibt? Mal an­ge­nom­men in Einehe. Selbst gegen­über an­de­ren Mit-Frauen ist spielen mit ver­deck­ten Karten nicht dumm, wieso also je­den Trumpf aufdecken?

Wenn dies Ver­halten kulturell begründet, nicht religiös oder von Männer­hand ge­for­dert ist, eigentlich eine Lie­bes­er­klä­rung. Natürlich geschieht es nicht wirklich frei von allen Zwängen. Ist es historisch viel­leicht in Zeiten rarer Frauen­quote ent­standen und die testosteron­gesteuerte Männer­welt wollte ihre Pfründe sichern? Wer weiß? Jeder Artgenosse ein potentieller Kon­kurrent. Möglich. Hat es andere Vorteile quasi uni­formiert in die Öffent­lichkeit zu gehen, Thema Schul­kleidung?

Jedenfalls ist das Ver­halten westlicher Frauen in Freiheit und im Rahmen anderer Verhaltens­regeln auf ständige Her­aus­for­der­ung des männ­lichen Ge­schlechts an­ge­legt. Und zwar auf X-Männer und nicht auf den Einen. Der west­liche Mann hat hart an sich ge­arbeitet und gelernt natür­liche Reaktionen ab­zu­dämpfen. Egal wie kurz der Rock, egal wie tief der Aus­schnitt, wenn Frau sagt: Nein, dann nein. Abgesehen von der Me-too-Bewegung. Sie prangert mit Recht Praktiken in einem getrenn­ten Kos­mos an, bei Ab­hängigkeiten. Da hat der grap­schende Macho seine Nische gefunden. Andererseits getraut sich Mister Normalo nicht mehr ein Kom­pliment an das andere Geschlecht zu richten. Reagiert ein Mann auf die aus­staffierten Reize ist er ein sexistisches Schwein. Eigentlich ein Wider­spruch zum ganzen kos­metischen Aufwand.

Das Heraus­putzen besagter moderner West­frauen endet auch nicht, wenn sie endlich ihre Wahl getroffen hat. Der Druck im steten Vergleich mit der Kon­kurrenz bleibt ein Leben lang. Eine ganze Industrie arbeitet daran, mehr oder meist minder geeignete Hilfs­mittel für weibliches Blen­dwerk zu erfinden. Der Drang mitzumachen, mitzuhalten, ist groß. Die west­liche Kultur, gesell­schaftliche Identität, Lebens­weise bergen diverse Zwänge, bis hin zum Jugend­wahn.

Ich möchte hier nicht dem Gegen­teil huldigen, nach einer Bindung an den Partner des Lebens nichts mehr zu in­ves­tie­ren, das ist ebenso un­säglich - oft aber eher typisch männlich.