Et Fietstocht - Die Fahrradtour

Nahe von E- und Leerdam stehen wir auf einem solchen und blicken in die beidseits tiefergelegte Landschaft. Soweit das kurzsichtige Auge reicht sind verschiedenfarbige Produzentinnen des Käserohstoffs bei der Arbeit. Unentwegtes Kauen und Widerkauen begründet den Reichtum dieses Landstriches unterhalb des Meeresspiegels.

Wir sind auf Zweirädern unterwegs, meine Frau hat eines und ich selbst auch. Dies Gerät hat sich trotz stetem Gegenwinds regional stark durchgesetzt, vermutlich weil das Laufen auf Holzklompen noch schwieriger ist. Wir trotzen also mit eisernem Willen und E-Antrieb der herrschenden Naturgewalt und sind dankbar, für den zum Ausgleich optimierten Straßenbelag. Beispielhaft für heimische Radwege ist hier eine 'arschglatte' Teervariante im Einsatz. Für den Radler zur besseren Orientierung ist das Geläuf per Mittellinie in Hin- und Rückweg unterteilt und als Abschreckung für Autonutzer teils blutrot eingefärbt.

Im ländlichen Bereich, also weitgehend in Nord-Holland, wird von schmalen Straßen rechts und links ein Meter für Zweiräder abgezweigt, sodaß sich vier- oder mehrrädrige Fahrzeuge mittig hindurchzwängen müssen. Da wir auf der richtigen Seite der Macht stehen, gewöhnen wir uns verkehrstechnisch schnell ein und leben unsere Allmachtsfantasien laut klingelnd aus.

Die meist schnurgerade und perfekt ebenen Wege dienen ländlich auch zum Rollen der fertiggestellten Käselaiber zum Markt nach Alkmaar. Dort werden diese dann showträchtig umhergetragen, bis sie schließlich meistbietend einen neuen Eigner finden. Die endlosen Agrarfelder um uns herum erinnern in der Größe an die Kolchosenflächen in MeckPom. In kerzengeraden Reihen gedeihen Blumen und Gemüsen, die mir vom heimischen Wochenmarkt vertraut sind. Ganz ohne Gewächshaus darf sich das Grünzeug hier frei entfalten. Einem Gerücht, alles Essbare aus Holland sei unter Glas auf Wasser gezogen und schmeckt auch so, möchte ich hiermit widersprechen.

Trotzdem, Wasser gibt's in ungeahnten Mengen, im Gegensatz zu dem erwähnten Pendant im Ossi-Land. Das Umfeld hier einst dem Meere abgerungen und hinter so manchem 'Dijk' verbannt, liegt zwangsläufig tief. So tief, daß Wasser aus Dings und Bums, sogar aus höher liegenden Gebieten Europas in die Niederung strömt. Der erfahrene Niederländer, der Name sagt es schon, ist mit der Wasserwirtschaft per Genmutation vertraut. So trifft man als angereistes Landei alle paar Meter auf Wasser, kanalisiert oder als Teich.

Die Entwässerung des Marschlandes führt u.a. zur Preissteigerung von Immobilien mit eigenem Anleger am Kanal. Listig und schlau nutzt man die eine endlose Ressource, den Wind, zum Abpumpen der anderen, dem Wasser. So hat eine Art Perpetuum mobile zum Gebietszuwachs bei den Oranjes super funktioniert. Inzwischen sind Traktoren mit Dieselaggregaten der Windmühle an Pumpleistung überlegen und auf Wunsch steuerbarer. Bisher sind diese Errungenschaften mit allen möglichen technischen Raffinessen gegen den Atlantikausläufer Nordsee erfolgreich verteidigt worden. Spannend wird es nach dem Abschmelzen des Grönlandeises. Aber die Verlagerung der Bevölkerung in Bootshäuser ist ja vorsorglich schon in der Testphase und letztendlich wird es doch so kommen - alles aus Holland ist auf Wasser gezogen und bis dahin blicken wir begeistert auf ein schmuckes, blitzsauberes Ländle mit bisweilen paradiesischen Plätzen.

Wir sind heimlich froh, daß hier zum Glück auch im Fußball seit Jahren unter Meeresniveau gespielt wird. Ganz im Gegenteil zu den goldenen Zeiten, als auf dem Fußballfeld 'Lahm' erfolgreich gegen 'Blind' gespielt hatte. Lang ist's her.